Poetin    Maria    Schiffner

Zeitkritisches











 
Gespenster

Der Förster Rothard wohnt in einem kleinen Dorfe hinter der belgischen Grenze bei einer alten Dame, die sehr lieb und freundlich ist. Manchmal fahren die Grosseltern zu ihr hin, weil doch den ganzen Tag allein ist, wenn ihr Förster im Walde Dienst tut. Die Zöllner am Granzübergang kennen das Auto und wissen wohl längst, wohin es fährt, da winken sie nur: "Weiterfahren!" Ein kleines Päckchen Pralinen, das mitgebracht wird, darf ja mitgenommen werden, das ist nicht verboten.

Manchmal im Sommer kommt der Förster wochenlang überhaupt nicht nach Hause, er bleibt dann in Jägersruh, das ist ein kleines Blockhaus mitten im Walde, dort kocht er selber und schläft auch dort. Ein guter Förster will ja auch wissen, was in der Nacht im Walde passiert. Die Tiere möchte er beobachten und vor Wilddieben schützen. Das sind böse Menschen, die den Tieren heimlich nachstellen, sie umbringen um sie dann zu Hause zu braten oder sie verkaufen. In Jägersruh gibt's auch allerlei Futterplätze für Wild und Vögel für die Winterszeit.

Eines Abends wanderte Förster Rothard durch den Wald und überlegte, ob er nach Hause gehen oder lieber in Jägersruh bleiben solle, weil er am nächsten Morgen in dieser Gegend zu tun hatte. "Wer weiss, wie das Wetter morgen früh ist, ich bleibe lieber gleich hier", dachte er schliesslich und schlug den geraden Weg nach Jägersruh ein.

Als er in die Nähe kam, schien es ihm, als ob ein leichter Lichtschimmer unter der Tür hervorschaue. Er wunderte sich, weil niemand ausser ihm selbst den Schlüssel zur Tür hatte. Ganz leise ging er näher und schaute erst einmal bei einem Fensterspalt hinein. Da sah er am Tische drei vermummte Gestalten sitzen, die ein grünliches Licht ausstrahlten. Augenscheinlich spielten sie Karten. Was tun?
   
Wie vertreibt man Gespenster aus seinem Hause? Weihwas-ser müsste man haben! Aber das gibt es hier mitten im Walde weit und breit nicht. Da fiel ihm ein, dass neulich in der Nähe ein Mann beim Holzfällen verunglückt war, der einen Priester verlangt hatte, ehe er ins Krankenhaus gebracht wurde. Heute war er längst wieder gesund, aber vielleicht war das Holz in der Umgebung damals geweiht worden. Schnell ging er dort hin, nahm zwei gerade Äste, hielt sie in Kreuzform vor sich her und schloss die Türe auf. Als sie auf-sprang, sahen die Gespenster nur das hölzerne Kreuz und husch waren sie weg. Da wusste er, dass es böse Ge-spenster gewesen waren.
Ob sie nun wirklich fort wären? Es war ja stockfinster. Rasch zündete er sich seine Lampe an, da fand er unter dem Tisch drei Spielkarten, die bei der raschen Flucht heruntergefallen sein mussten. Vorsichtshalber legte er sie auf die geweihten Hölzer. Dann ging er schlafen. Mitten in der Nacht wachte er plötzlich auf. Hatte sich nicht etwas bewegt? Der Mond stand am Himmel, es war ganz hell, da! Wieder regte sich etwas vor dem Fenster. Auf einmal fielen ihm die Spielkarten ein, ob sie die Gespenster vielleicht suchten? Er nahm sie und warf sie zur Tür hinaus, sah aber nichts. Am anderen Morgen lagen die Karten immer noch draussen.

Die Gespenster hatten wohl gemerkt, dass die Karten fehlten und versuchten sie zu holen. Als sie aber aus der Tür geflogen kamen, mussten sie wohl gemerkt haben, dass sie auf dem geweihten Holz gelegen hatten. Da liesse sie sie liegen und machten sich schleunigst davon.

Der Förster Rothard hat dann einen Weihwasserkesser in Jägersruh aufgehängt und seitdem niemals mehr Gespenster dort gesehen. Die Spielkarten hat er zum Andenken an diese unheimliche Geschichte aufbewahrt.


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